Was die Generationen Y und Z von ihren Leitungskräften erwarten
 
Liebe Leserin, lieber Leser,

im letzten Führungsimpuls erzählte Annett Urban, Chefredakteurin der pdl.konkret ambulant, dass es den meisten PDLern bekannt sei, dass gerade jüngere Mitarbeiter mehr Aufmerksamkeit und auch Feedback benötigen.

Als ich das hörte, musste ich schmunzeln. Wird doch seit einiger Zeit so oft über den Unterschied der Generationen diskutiert. Gerade Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen aus der Pflege höre ich oft kopfschüttelnd sagen: „Das hätte ich mich mal trauen sollen! Eine Unverschämtheit ist das!“

Erfahren Sie im heutigen Führungsimpuls was Sie als Leitungskraft der älteren Generationen berücksichtigen sollten, wenn Sie mit den Generationen Y und Z gut zusammenarbeiten wollen.
   
 
 
 
   
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Urban
   
   
Annett Urban,
Chefredakteurin „pdl.konkret ambulant“, fragt für Sie:
   
   
   
 
Hallo, liebe Claudia,

in meiner Generation wird nicht lange gejammert, sondern angepackt. Wenn etwas anliegt oder schnell noch erledigt werden muss, kremple ich die Ärmel hoch und los gehts. Überstunden? Kein Problem. Und überhaupt ist es schön, wenn man Verantwortung übernehmen kann und darf.

Die neue Generation ist hingegen so ganz anders. Unsere Einstellungen zum Leben und zur Arbeit unterscheiden sich in vielen Punkten.

Und tief im Innern beneide ich die jungen Kollegen sogar etwas.

Denn sie sagen was sie denken, geben einer PDL auch einmal einen Korb, wenn es darum geht schnell mal einzuspringen, weil das Privatleben eben wichtiger ist.

Daher meine ich, dass wir älteren nicht nur auf die jungen Kollegen schimpfen sollten. Denn im Grunde genommen können und sollten wir voneinander lernen.

Natürlich ist es eine große Herausforderung als ältere PDL der jüngeren Generation zu begegnen. Doch ich bin fest davon überzeugt, dass das klappen kann, wenn wir „alten PDLer“ uns auf eine andere Art des Führens einlassen.

Daher freue ich mich, wenn Du uns heute einige Tipps geben kannst, auf was wir bei der Führung von Mitarbeitern aus der jüngeren Generation achten sollten.

Denn schließlich wollen wir doch, dass alle Mitarbeiter, egal aus welcher Generation, zufrieden sind und gerne zur Arbeit kommen.

Mit herzlichen Grüßen aus der PDL Redaktion

Deine Annett
 
 
 
 
 
 
   
Urban
   
   
Claudia Henrichs,
Kommunikationsexpertin für die Pflege, antwortet:
   
   
   
 
Die gesellschaftliche Prägung führt zu veränderten Erwartungen
 
Liebe Annett, liebe Leserin, lieber Leser,

neuere Studien belegen, dass es kaum Unterschiede zwischen den Generationen von Baby-Boomern bis zur Generation Z bezogen auf die Einstellungen gibt. Der Grund dafür ist, dass es sich um einen Einstellungswandel handelt, der in der gesamten Gesellschaft stattgefunden hat. Zum Beispiel sind die Werte Selbstverwirklichung und Work-Live-Balance heute sowohl den Baby-Boomern als auch den nachfolgenden Generationen wichtig.

Unterschiede gibt es allerdings was die „Gesellschaftliche Prägung“ angeht.
Erziehungsverhalten
Rollenverständnis von Eltern
Geschwindigkeit von Kommunikation und Feedback
Einfluss von Technologie
Mobilität

haben sich in den letzten sechzig Jahren gesamtgesellschaftlich verändert.

Wenn es für mich als Kind ein NoGo war, mich in die Gespräche von Erwachsenen einzumischen, ist es für die Tochter meiner Freundin ganz normal, dass sie sich immer und zu jeder Zeit Gehör verschaffen darf.

„Ein Jugendlicher, der es gewohnt ist, auf ein Social Media-Posting sofort eine Rückmeldung zu bekommen, ist im Beruf total verunsichert, wenn er kein Feedback erhält.“ Beschreibt der Jungendforscher Simon Schnetzer. Auch ältere Kollegen freuen sich über Feedback, aber sie sind häufige Rückmeldungen in der Regel nicht gewohnt und können daher besser damit umgehen, wenn Feedback ausbleibt oder es nur dann ein Gespräch gibt, wenn etwas falsch gelaufen ist.

Letztendlich haben wir, die Vorgängergenerationen und die technische Entwicklung dafür gesorgt, dass die Generationen Y und Z andere Erwartungen an das Verhalten ihrer Führungskräfte haben und diese meistens auch ohne Scheu zum Ausdruck bringen.
 
Tipps für die Führung von Mitarbeitenden aus jüngeren Generationen
 
1. Regelmäßiger Austausch auf Augenhöhe
Kurze Gespräche nach der Tour oder zweistündige Dienstbesprechungen, in denen die PDL die meisten Redeanteile hat, reichen nicht aus.
Bringen Sie die Haltung zum Ausdruck, dass Sie sich dafür einsetzen werden, dass es Ihrem Mitarbeiter gut geht.
Dass Sie verstehen wollen, was ihn davon abhält, das zu tun, was Sie erwarten.
Weitere Tipps dazu finden Sie in der Folge 12 "Kritik üben, ohne zu kritisieren! Geht das überhaupt?".
2. Hören Sie im Gespräch empathisch hin, ohne Ihren Standpunkt zu verteidigen oder Recht behalten zu wollen. Die Menschen der jüngeren Generationen wollen in ihrer ganzheitlichen Persönlichkeit gesehen werden.
3. Laden Sie dazu ein, auch einmal etwas anderes auszuprobieren. Vergeben Sie kleine Projekte, die selbstverantwortlich bearbeitet werden können. Lassen Sie zum Beispiel einmal eine Ideensammlung anfertigen, wie Personalgewinnung auf modernere Füße gestellt werden oder die Einarbeitungszeit anders als bisher gestaltet werden kann.
4. Mitarbeitende aus den jüngeren Generationen sind es aus ihren Familien gewohnt, mitentscheiden zu dürfen. In welches Restaurant wollen wir gehen, wo wollen wir den nächsten Urlaub verbringen, welche Serie wollen wir schauen?
Wenn sie jetzt per MDA und „per Order di Mufti“ in ihrer Tour von A über Z nach B geschickt werden, ohne dass ihre Verbesserungsvorschläge gehört werden, müssen Sie sich nicht wundern, wenn die Leistungsbereitschaft sinkt oder sogar die Kündigung kommt.
5. Lassen Sie Mitarbeitende der Generationen Y und Z an der Veränderung Ihres Pflegedienstes teilhaben. Beziehen Sie sie in Entscheidungen mit ein oder erarbeiten Sie gemeinsam, welche Auswirkungen getroffene Entscheidungen auf deren Arbeitsablauf haben.
6. Kommunizieren Sie klar und deutlich,
welchen Sinn die Arbeit in Ihrem Pflegeunternehmen für Ihre Pflegekunden hat,
Vereinbaren Sie Ziele, klären Sie Erwartungen und halten Sie Fortschritte nach.
7. Vor allen Dingen: Seien Sie selbst bereit sich zu verändern! Vergleichen Sie Mitarbeitende der jüngeren Generation nicht mit Ihren Erfahrungen. Sie sind gesellschaftlich anders geprägt.

Und wenn Sie sich wieder einmal darüber ärgern, dass die junge Mitarbeiterin in ihrer Freizeit lieber einen Friseurtermin wahrnehmen will, statt einzuspringen, dann atmen Sie einmal tief durch und denken: „Okay, frei ist frei!“

Nutzen Sie die Chance mit dem gesamten Team zu erarbeiten, wie Fluktuation und Krankheitsquote verringert werden und neue Mitarbeitende gefunden werden können.
Wenn Sie zu viele Pflegekunden und zu wenig Personal haben, dann hilft es nicht, die Gutmütigkeit der Mitarbeitenden aus den älteren Generationen auszunutzen.

Wichtig zu wissen

Auch die Baby-Boomer und die Millennials werden sich nach und nach daran gewöhnen oder sich sogar darüber freuen, wenn sie eine andere Art der Führung erleben als sie es bisher gewohnt sind.

Ich hoffe, auch mein heutiger Führungsimpuls hat Ihnen gefallen. Schreiben Sie mir gerne, welche Erfahrungen Sie bei der Umsetzung gemacht haben. Haben Sie konkrete Führungsthemen, die ich in einer der nächsten olgen für Sie aufbereiten soll? Sehr gerne! Schreiben Sie mir unter fuehrungsimpulse@ppm-online.org. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!

Herzliche Grüße,
Ihre Claudia Henrichs

PS: Sie haben unsere ersten Folgen verpasst? Kein Problem auf www.pdl-konkret.de/Fuehrungsimpulse finden Sie alle bislang erschienenen Folgen von „Führungsimpulse“ zum Nachlesen und Nachhören.

PPS: Dieses Zitat zum heutigen Thema habe ich für Sie mitgebracht:
 
 
 
Zitat
„Wenn alles, was ein Unternehmen an Wert besitzt, jeden Abend nach Hause geht, ist eine andere Art der Zusammenarbeit zwischen Management und Belegschaft erforderlich.“

McGrath, Professor für Wissenschaft und Religion