Was tun, wenn Bewerber unmögliche Anforderungen stellen?
 
Liebe Leserin, lieber Leser,

fast alle Pflegeunternehmen suchen händeringend Personal. Wenn es dann zum Erstkontakt kommt, kapitulieren viele Geschäftsführende und Pflegedienstleitungen vor den Wünschen, die Bewerber und Bewerberinnen stellen: Maximal ein Wochenende im Monat Dienst, am besten Arbeitsbeginn erst ab 07:30 Uhr, keine Teildienste und nicht aus dem „Frei“ zur Arbeit gebeten werden.

Erfahren Sie im heutigen Führungsimpuls, wie Sie unmöglichen Anforderungen begegnen und die Verantwortung auf alle Schultern legen können.
   
 
 
 
   
Audio-Datei
   
 
 
 
   
Urban
   
   
Annett Urban,
Chefredakteurin „pdl.konkret ambulant“, fragt für Sie:
   
   
   
 
Liebe Claudia,

viele PDLer sind schier verzweifelt. Wenn sie nach endlos langer Suche endlich eine geeignete Pflegefachkraft gefunden haben, werden sie, bevor der Arbeitsvertrag unterzeichnet wird, oft mit unerfüllbaren Wünschen, Forderungen und Bedingungen konfrontiert.

Hast Du einen Rat, wie eine Führungskraft in dieser Situation reagieren und mit diesen scheinbar unmöglichen Anforderungen umgehen kann?

Ich freue mich, wenn Du uns Strategien und Lösungsansätze aufzeigst, um diesen Herausforderungen zu begegnen.

Mit herzlichen Grüßen,

Deine Annett
 
 
 
 
 
 
   
Urban
   
   
Claudia Henrichs,
Kommunikationsexpertin für die Pflege, antwortet:
   
   
   
 
Sind die Anforderungen wirklich unmöglich?
 
Liebe Annett, liebe Leserin, lieber Leser,

planbare Freizeit, um sich um die Familie, um Freunde oder sich selbst kümmern zu können, ist aus meiner Sicht ein sehr verständlicher Wunsch. Die Kinder zur Kita bringen zu können und auch wieder abzuholen ebenso.

Auch wenn es früher selbstverständlich war, die Freizeit nach den Arbeitszeiten auszurichten, geht es heute darum, traditionelle Abläufe und Regeln auf den Prüfstand zu stellen.

Mitarbeitende haben, je nach Lebenssituation unterschiedliche Bedürfnisse an ihre Dienstzeiten. Wählen Sie doch Ihre Pflegekunden nach den Wunsch-Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeitenden aus. So hart das auch klingt. Es gibt mehr Anfragen von Pflegebedürftigen als Pflegekräfte auf dem Markt.

Eine mir bekannte Geschäftsführerin gewann viele Mitarbeitende, weil sie nach dem Motto: „Sag mir, wie Du arbeiten möchtest und so planen wir Dich ein!“ einstellte.
 
„Krank ist krank!“ und „Frei ist frei!“
 
Im Mai 2023 veröffentlichte der AOK Bundesverband die Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsdaten. Beschäftigte in der Pflege waren 2022 durchschnittlich 32 Tage krankgemeldet.

Gründe dafür seien die gestiegenen Anforderungen und die Belastungen durch den dauernden Personalmangel. Wenn Mitarbeiter wegen plötzlicher Krankheit ausfallen, ist die Gefahr hoch, dass Kollegen aus dem „Frei“ zur Arbeit gebeten werden.

Kommt das häufiger vor, steigt die Unzufriedenheit, Mitarbeiter schauen sich nach einem anderen Arbeitgeber um, kündigen oder sichern sich Erholungszeiten, indem sie sich ebenfalls krankmelden. Ein Teufelskreis!

Wenn bei Ihnen „Frei ist frei!“ gilt und Sie in Engpasszeiten auch einmal Einsätze absagen, machen Sie damit deutlich, dass Ihnen nachhaltig gesundes und engagiertes Personal wichtig ist.
 
Position beziehen und Verantwortung teilen
 
Wenn Sie im Bewerbungsgespräch mit Wunsch-Arbeitszeiten konfrontiert werden, empfehle ich Ihnen Position zu beziehen und die Verantwortung zu teilen.

Beispiel

Wertschätzung und Verständnis

„Ihre Wünsche kann ich gut verstehen. Immerhin wollen Sie auch noch ein planbares Familienleben genießen, nicht wahr?“

Position beziehen bezogen auf die Pflegekunden

„Wir planen Personal und Einsätze so, dass wir unseren Auftrag den Pflegekunden gegenüber auf der Basis der Pflegeverträge erfüllen können. Unser aller Antrieb ist, dass wir Pflegebedürftige dabei unterstützen, möglichst selbstständig und sinnvoll ihr gewohntes Umfeld genießen können.“

Position beziehen bezogen auf die Personalplanung

„Dabei berücksichtigen wir, soweit es geht, die persönlichen Rahmenbedingen aller Mitarbeitenden im Team. Damit wir wirtschaftlich arbeiten können, passen wir die Anzahl und den Umfang der Pflegeverträge den Gesamtarbeitsstunden unserer Mitarbeitenden an. Unser Ziel ist, dass wir in absehbarer Zukunft keine Teildienste mehr brauchen und auch die meisten Wunschzeiten realisieren können!“

Verantwortung teilen

„Das funktioniert dann am besten, wenn jeder ein Teil Verantwortung mit übernimmt. Die meisten Tourenplanänderungen entstehen durch plötzliche Krankmeldungen, die am Einsatztag eingehen. Dann können wir in der Leitung nur noch Feuerwehr spielen und auch mal jemanden aus dem Frei zur Arbeit bitten. Bei uns müssen sich alle aufeinander verlassen können. Das bedeutet konkret:
Schnell das Gespräch suchen, wenn etwas nicht passt,
mithelfen neue Kolleg*innen zu gewinnen und
so früh wie möglich informieren, wenn die ersten Symptome einer Erkrankung auftauchen.“

Commitment-Frage

„Sind Sie dazu bereit?“

Das untenstehende Zitat habe ich dazu heute für Sie mitgebracht.

Ich hoffe, dass Ihnen auch dieser Führungsimpuls gefallen hat. Schreiben Sie mir gerne, welche Erfahrungen Sie bei der Umsetzung gemacht haben. Oder haben Sie konkrete Führungsthemen, die ich in einer der nächsten olgen für Sie aufbereiten soll? Schreiben Sie mir unter fuehrungsimpulse@ppm-online.org. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!

Herzliche Grüße,
Ihre Claudia Henrichs

PS: Sie haben unsere ersten Folgen verpasst? Kein Problem auf www.pdl-konkret.de/Fuehrungsimpulse finden Sie alle bislang erschienenen Folgen von „Führungsimpulse“ zum Nachlesen und Nachhören. 
 
 
 
Zitat
„Leute einstellen ist eine Kunst. Keine Wissenschaft und kein Lebenslauf kann Ihnen sagen, ob jemand zu Ihrer Unternehmenskultur passt.“

Howard Schultz, CEO Starbucks