Sprechen Sie die Sprache Ihrer Mitarbeiter?
 
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Ausschöpfungsquote von Sachleistungen auf 70% steigern! Die Erlöse um 5% erhöhen, indem Gefälligkeitsleistungen vermieden werden.

Beides sind wichtige Ziele für Leitungskräfte eines ambulanten Pflegedienstes. Auf Dienstbesprechungen gehören diese beiden Vorhaben auch immer wieder zur Tagesordnung.

Leider ändert sich wenig, weil Pflegekräfte versorgen wollen und mit Wirtschaftlichkeit nichts zu tun haben wollen.

Erfahren Sie im heutigen Führungsimpuls, wie Sie mit kleinen sprachlichen Veränderungen ihre Mitarbeitenden bewegen können, zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit beizutragen.
   
 
 
 
   
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Urban
   
   
Annett Urban,
Chefredakteurin „pdl.konkret ambulant“, fragt für Sie:
   
   
   
 
Liebe Claudia,

viele Führungskräfte von ambulanten Pflegediensten stehen vor der Herausforderung, wirtschaftlich zu arbeiten. Dazu gehört eben auch, die Pflegesachleistungen voll auszuschöpfen, Leistungen privat in Rechnung zu stellen, die Touren wirtschaftlich zu planen und natürlich auch die Gefälligkeitsleistungen, die sogenannten "Eh-da"-Leistungen, zu reduzieren.

Doch wie Du weißt, ist es oft eine große Herausforderung, Pflegekräfte für wirtschaftliche Aspekte zu sensibilisieren, da ihr Hauptfokus auf der Versorgung der Pflegekunden liegt.

Doch von Dir habe ich einmal während eines Seminars gelernt, dass sprachliche Anpassungen in der Kommunikation mit den Mitarbeitern das Zünglein an der Waage sein können.

Kannst Du in diesem Führungsimpuls einige Ratschläge oder Tipps geben, wie eine Führungskraft mit gezielten sprachlichen Veränderungen ihre Mitarbeiter motivieren kann, zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit beizutragen? Ich schätze Deine Expertise hierzu sehr und sende Dir herzliche Grüße aus der PDL-Redaktion.

Deine Annett
 
 
 
 
 
 
   
Urban
   
   
Claudia Henrichs,
Kommunikationsexpertin für die Pflege, antwortet:
   
   
   
 
Verschiedene Blickwinkel betrachten
 
Liebe Annett, liebe Leserin, lieber Leser,
"Die Tour muss rentabel sein"
"Pflegegrade müssen ausgeschöpft werden"
"Leistungen gehören verkauft"
"Wir müssen den Umsatz steigern"

Mit diesen Ansagen vergrößern Leitungskräfte die Distanz zwischen sich und ihren Mitarbeitenden. Der Fokus liegt auf den Zahlen!

Der Fokus der Mitarbeitenden liegt aber auf der Beziehung zu ihren Pflegekunden und dem Wunsch sich im Team sicher und aufgehoben zu fühlen.

Deshalb ist die Loyalität zu Pflegekunden oft höher als die zur Leitung und zum Arbeitgeber. Ein Grund dafür ist, dass soziale Anerkennung eines der größten Bedürfnisse von Menschen ist.

Pflegekräfte sehen ihre Pflegekunden mehrmals in der Woche, vielleicht sogar mehrmals am Tag. Hier entsteht eine Beziehung, die meistens dazu führt, dass Pflegekräften Wertschätzung und Anerkennung entgegengebracht wird. Warum also das Risiko eingehen, sich unbeliebt zu machen und über Leistungserweiterung zu reden oder Bitten nach mehr Leistungen abzulehnen?
 
Den Blick auf die Pflegebedürftigen richten
 
Besprechen Sie mit Ihrem Team doch einmal, dass im §2 Absatz 1 SGB XI steht, dass alle Leistungen die die Pflegekasse zur Verfügung stellt, dafür eingesetzt werden sollen, dass die seelischen, geistigen und körperlichen Kräfte wiederhergestellt oder wenigstens stabil bleiben.

Die wenigsten Pflegebedürftigen und deren Angehörigen wissen, was die Pflegekasse alles zur Verfügung stellt. Also ist es die Aufgabe des Pflegedienstes, Pflegekunden dabei zu unterstützen, ihre Ansprüche wahrzunehmen.

Daraus folgt, dass Sie das Wort Ausschöpfungsquote in den Begriff „Quote der Inanspruchnahme“ verändern können.

Bei dieser Variante liegt der Fokus auf dem Pflegekunden und nicht auf den Zahlen. Das spricht Pflegemitarbeitende eher an. Das ist ihr Beruf und für ganz viele (zum Glück) auch ihre Berufung. Wenn Sie den Fokus in der Sprache auf die Kundenbedürfnisse legen, werden Sie nach und nach eine positive Entwicklung Ihrer Umsatzzahlen bemerken.

Eine kleine Veränderung mit großer Wirkung!
 
Den Blick auf das Team richten
 
In meinen Workshops frage ich oft in die Runde der Belegschaft:

Welche Auswirkungen hat es, wenn Sie mehr oder andere Leistungen erbringen, als im Pflegevertrag vereinbart?“

Die Antworten sind in jedem Team gleich:
"Es gibt Stress und Konflikte im Team. So nach dem Motto „gute Schwester, böse Schwester!“.
"Wenn einmal etwas Zusätzliches erbracht wurde, wird von den Kunden immer mehr erwartet. So nach dem Motto: Kleiner Finger, ganzer Arm!"
"Der Zeitdruck steigt".
"Das schlechte Gewissen plagt."

Heimliche Leistungen gehen also zu Lasten der Gesundheit und des Teamzusammenhaltes. Diese Erkenntnis, einmal im Team laut ausgesprochen, können alle teilen.

Auf dieser Basis kann die PDL folgendes Angebot machen:
1. Bei jedem Pflegekunden darf 1x eine zusätzliche Leistung erbracht werden.
2. Die PDL wird darüber nach der Tour sofort informiert.
3. Die PDL entscheidet, ob es einen erneuten Kundenkontakt braucht, um die zusätzlichen Leistungen in vertragliche Leistungen umzuwandeln.

Ziel dieser Vorgehensweise ist nicht, heimliche Leistungen zu lassen, sondern diese in den Vertrag aufzunehmen.

Formulierungsbeispiel für die Einsatzkraft

„Gerne mache ich das heute einmal für Sie. Diese Leistung ist nämlich nicht im Vertrag vereinbart. Wenn Sie sich in Zukunft darauf verlassen wollen, dass jeder von uns Ihnen die Beine eincremt und die Strümpfe anzieht, haben Sie die Möglichkeit, dies vertraglich zu vereinbaren. Ich gebe Ihren Wunsch gerne an meine Leitung weiter!“

Mein Tipp:

Wenn Sie dieses Formulierungsbeispiel als kleine Übung während einer Dienstbesprechung von Ihrem Team noch verbessern lassen, können Sie sich darauf verlassen, dass Ihr Umsatz steigt und Ihre Mitarbeitenden sich verstanden fühlen.

Ich hoffe, auch mein heutiger Führungsimpuls hat Ihnen gefallen. Schreiben Sie mir gerne, welche Erfahrungen Sie bei der Umsetzung gemacht haben. Haben Sie konkrete Führungsthemen, die ich in einer der nächsten Folgen für Sie aufbereiten soll? Sehr gerne! Schreiben Sie mir unter fuehrungsimpulse@ppm-online.org. Ich freue mich auf Ihre Nachricht!

Ich wünsche Ihnen und Ihrem gesamten Team eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Rutsch in ein gesundes und erfolgreiches 2024, 

Ihre Claudia Henrichs

PS: Sie haben unsere ersten Folgen verpasst? Kein Problem auf www.pdl-konkret.de/Fuehrungsimpulse finden Sie alle bislang erschienenen Folgen von „Führungsimpulse“ zum Nachlesen und Nachhören.

PPS: Dieses Zitat zum heutigen Thema habe ich für Sie mitgebracht:
 
 
 
Zitat der Woche
„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“

Ludwig Wittgenstein, österreichischer Philosoph